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Ramsch-Medien und digitale Überwachung

Text verfasst von Pauline Gier, Q1

Besuch Jutta Roitsch im Powi-Grundkurs

Verflüchtigen sich unsere Grundrechte auf Grund von wirtschaftlichen Interessen? Apple -Ausstattungen in Schulen, kostenlos. Lobbyismus, Marketing, und trotzdem von der  Elternschaft gefordert.  Kann Qualitätsjournalismus in Deutschland überhaupt noch überleben, wenn die Printmedien langsam sterben?

Bei ihrem Unterrichtsbesuch in unserem PoWi-Kurs  Q1 an der Musterschule ging die ehemalige  Journalistin Jutta Roitsch auf diese Fragestellungen ein. Sie gab einen detaillierten und aufschlussreichen Einblick in die Entwicklung der verschiedenen Medien in Deutschland, deren eigentliche Funktion,  Macht und  Beziehung zum Grundgesetz. Roitsch erläuterte, wie die Medien als „Vierte“ (aber nicht gewählte) Gewalt in unserem Rechtsstaat aufgestellt sind und wie sie ihre Gewalt ausüben. Dabei nahm sie auf Artikel 5 des Grundgesetzes und einen Beitrag der ehemaligen Verfassungsrichterin Jutta Limbach zur Presse- und Meinungsfreiheit Bezug.

Die Presse war und ist zur öffentlichen Bildung und Meinungsbildung gedacht; Printmedien sollen neben digitalen Medien unbedingt erhalten bleiben. Rundfunk und Fernsehen sind in Deutschland anders verfasst als die Presse, so Roitsch, zumindest unterliegen die öffentlich- rechtlichen Sender bestimmten Vorgaben, da sie über gesonderte Gebühren vom Staat mitfinanziert werden.  Ursprünglich sollten sich in Deutschland die öffentlich-rechtlichen Sender nur über Rundfunkgebühren finanzieren, damit die Werbung  vornehmlich in den Zeitungen erhalten bleibt, über die sich jene hauptsächlich finanzieren. Heutzutage ist Werbung in allen Bereichen digitaler Medien vertreten, Printmedien können sich kaum noch halten. Roitsch führt Beispiele aus Frankreich an, wo sich private Unternehmer große Zeitungen halten, was zwar deren Unabhängigkeit gefährdet, aber ihr Überleben sichert. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie schwer die Printmedien seit der rasanten Entwicklung der digitalen Medien finanziell zu kämpfen haben.

Junge Menschen kaufen sich kaum noch Tageszeitungen, sondern informieren sich über die Nachrichten im Fernsehen oder im Internet. Diese Informationsquellen sind darüber hinaus so gut wie kostenlos und frei zugänglich. Somit müssen Redaktionen von Tageszeitungen günstiger werden. Dies hat laut Roitsch zur Folge, dass angehende Journalisten immer schlechter bezahlt werden, während sich ihr früheres Berufsbild nebenbei verändert hat. Der Journalist ist heute neben seiner Recherche- und Schreibarbeit auch noch für die Gestaltung seiner Artikel bis hin zur Bildbearbeitung verantwortlich.

Q1 jr

Diese Veränderung charakterisierte Roitsch als „Verramschung“ des Journalistenberufes. Um den beschriebenen Qualitätsjournalismus zu erhalten, sollen jetzt jüngere Lesergenerationen über email- Newsletter zum Lesen von Tageszeitungen und letztlich deren Abonnements angeregt werden. Ein von Roitsch vorbereiteter Fragebogen zeigte, dass keiner der anwesenden Schüler überhaupt Newsletter abonniert. Grundsätzlich gaben die Schüler an, selten ihre email- Adressen zu nutzen. Stattdessen würden sie sich eher auf online- Nachrichtenportalen oder übers Fernsehen zum aktuellen Geschehen informieren.

Um noch einmal einen genaueren Blick auf die Auswirkungen der Entwicklung digitaler Medien zu geben, kam Roitsch zum Ende ihres Vortrags auf die aktuelle Ausspähaffäre und den Missbrauch von digitalen Daten seitens der amerikanischen Regierung und deren Sicherheitssysteme (NSA) zu sprechen. Die Massendatenspeicherung durch Softwarefirmen wie Google, die in Zusammenarbeit mit Hardwarefirmen wie zum Beispiel Samsung stehen,  mache den Nutzer zum Werbe- und Ausspähobjekt auf Kosten seines Rechts auf Privatsphäre. Der Datenschutz bliebe völlig auf der Strecke, wichtig seien nur die wirtschaftlichen und technologischen Interessen weniger globaler wirtschaftlichen und politischen Machtzentren. Selbst bei  privat und geschützt erscheinenden „Social Media Netzwerken“ wie „whatsapp“ würden Daten gesammelt, Nachrichten auf Servern mit unbekanntem Standort gespeichert, und sogar Kontaktdaten von Nicht-Nutzern über digitale Adressbücher von Usern weitergegeben. Reaktionen seitens der deutschen Regierung auf diese durchaus bekannte Entwicklung erschüttern durch vermeintliches Unwissen und ehrliche Hilflosigkeit. Dies ließe sich, Roitsch zufolge, ganz deutlich an einigen Passagen des Koalitionsvertrages der neuen Regierung erkennen.

Zum Ende erfolgte  eine allgemeine Diskussion über Edward Snowden und die Bewertung dessen Handelns, bei der die Schüler mit Bezug auf  Roitschs‘ Vortrag reflektierend Stellung nahmen. Insgesamt war es eine informative und anregende Veranstaltung, eine willkommene Erweiterung üblichen Unterrichts.

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