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„Maria Stuart“: Theaterbesprechung und Fotos

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Fotos: Ulla Steckenmesser

Schach der Königin: „Maria Stuart“

Mit einer schauspielerisch, dramaturgisch und ästhetisch überaus gelungenen Premiere von Friedrich Schillers „Maria Stuart“  hat der Q2 Kurs Darstellendes Spiel von Frau Steckenmesser im Bockenheimer Titania-Theater am 3. Juni beeindruckt. Eine weitere Aufführung der sehenswerten Inszenierung ist für den 19. Juni in der Aula der Musterschule geplant.

Schon kurz nach ihrer Hinrichtung wurde die Geschichte der schottischen Königin Maria Stuart zum Gegenstand künstlerischer Bearbeitung. So viele Konflikte, Beziehungen und Dramen von historischer Dimension reflektierte ihr Leben, dass das wenig überrascht. Kurz zur Einsortierung: Maria Stuart lebte im 16.Jahrhundert und war im europäischen Hochadel stark verwoben. Zeitweilig war die Nichte des englischen Königs Heinrich VIII. auch Königin von Frankreich. Sie machte ihre Ansprüche auf den englischen Thron geltend, was ihr zum Verhängnis werden sollte: Queen Elisabeth I. ließ sie 1587 im Alter von 45 Jahren hinrichten. Maria war Katholikin, Elisabeth Protestantin. Maria galt als Verführerin, Elisabeth als die „Virgin Queen“. Maria die Sinnliche, Elisabeth die Rationale.

Die jedenfalls hierzulande berühmteste Bearbeitung ist Friedrich Schillers „Maria Stuart“ von 1800, die die Schüler/innen der Q2 nun auf die Bühne brachten. Das Stück setzt drei Tage vor Marias Hinrichtung ein. Seit 19 Jahren ist sie eingekerkert. Elisabeth steht vor der Entscheidung, ihre Konkurrentin hinrichten oder leben zu lassen. Sie ist umgeben von drei Beratern, die auf vielfachen Ebenen verstrickt und von eigenen Interessen geleitet sind. Der innere Konflikt Elisabeths ist ein wesentliches Thema des Stückes, in dessen Prozess beide Frauen essentielle Wandlungen durchleben.

Der Inszenierung der Q2 gelingt es trefflich, dies herauszuarbeiten. Schon die Schlichtheit des Bühnenbildes zeigt, dass es im Wesentlichen um das Innere der Protagonistinnen geht. Indem beide Hauptrollen mehrfach besetzt sind, teils mittels chorischen Sprechens, gelingt eine spannende Nuancierung der Königinnen und ihrer Vielschichtigkeit. Die Konzentration auf das Wesentliche setzt sich auch in Kostüm und gelungener Maske fort: allein roter Lippenstift und güldene Ohrringe definieren die verführerische Maria auf der Bühne. Dass demgegenüber die zwei Darstellerinnen Elisabeths kühle Blonde sind, passt.

Im Verlauf des Stückes treffen beide Königinnen in der berühmten Begegnungsszene aufeinander, versucht die eine die andere meucheln zu lassen, variiert die öffentliche Meinung, intrigieren die Berater und werden konstant Positionen und Argumente ausgetauscht und fortentwickelt. Zwischenzeitlich wird Elisabeth zur Marionette ihrer Berater, um ihnen dann am Ende (wortwörtlich) hinter der Maske der großen staatspolitischen Führerin die Verantwortung  für die Hinrichtung Marias in die Schuhe zu schieben.

Die Inszenierungsideen – etwa Elisabeths Marionettenszene, die große chorische Szene oder der Verführungstanz Marias – stammen von den Schülern, die diese im Laufe des Schuljahres entwickelt hatten und die teils auch aus der Klausur  entstanden sind. Kursleiterin Ulla Steckenmesser verantwortete Ausgangsidee und Gesamtkomposition der Inszenierung.

Dem Kurs ist eine ästhetisch überzeugende, spannende und durchweg unterhaltsame Inszenierung gelungen, die durchaus Zeitbezug hat. Denn angeblich hat Schiller am Sujet vor allem der Konflikt zwischen Ratio und Leidenschaft in der Politik interessiert. Vor dem Hintergrund des Umschlagens der Französischen Revolution in eine Schreckensherrschaft fragte er sich, wie ein vernünftiger bürgerlicher Staat den dekadenten Feudalstaat ablösen kann, ohne dass Europa „in Barbarei und Knechtschaft zurückgeschleudert“ wird.

Vor einer ähnlichen Frage steht Europa wieder.

Rolf Krämer

 

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