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Medien als 4. Gewalt ?

Text verfasst von Brenda Fietz und Anna Schleicher

Besuch des FAZ-Journalisten Reinhard Müller in der Q1

Reinhard Müller.IMG_4159Am 20.11.14 war der Journalist Reinhard Müller zu Besuch bei uns, dem Q1-PoWi-Kurs der Musterschule. Herr Müller ist gelernter Jurist und als solcher schreibt er bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor allem über Rechtsfragen. Direkt im Anschluss an die Schulveranstaltung stand ein Hintergrundgespräch mit dem deutschen Innenminister auf dem Plan, und so fragte uns Herr Müller, ob wir irgendwelche Fragen an diesen hätten – eine Möglichkeit, von der wir gerne Gebrauch machten.
Anschließend stellte Herr Müller uns den Redaktionsalltag in der FAZ vor. Im Gegensatz zur Schule fängt dieser nämlich erst etwa um halb zehn an. Dann arbeiten alle Leute fieberhaft an ihren Artikeln, recherchieren Fakten und Zusammenhänge, feilen an Formulierungen, lesen Korrektur – bevor die erste Auflage der Zeitung bereits um 17:30 Uhr angedruckt wird. Diese Ausgabe wird mit der Bahn überall nach Deutschland und auch ins angrenzende Ausland gebracht, damit alle Abonnenten am nächsten Morgen die FAZ pünktlich im Kasten haben. Die Rhein-Main Redaktion ist aber sogar noch bis 23:00 Uhr da und erst dann geht die Zeitung, die wir morgens bekommen, in den Druck.
Nach dieser Einführung war Herr Müller schonungslos unseren Fragen ausgesetzt. Es ging um TTIP, die IS, Fracking, Lobbyismus, die Rot-Rot-Grüne Koalition in Thüringen, welche politische Linie die FAZ verfolge und er hatte wirklich auf alles eine Antwort!
Eine der ersten Fragen betraf die Rot-Rot-Grüne Koalition, also eine Koalition aus SPD, Linken und Grünen. Herr Müller, der selbst als Kind noch mit der Schule Ausflüge in die DDR machte, sieht einen linken Ministerpräsidenten nicht als Gefahr für die Demokratie an, glaubt aber, dass man Bodo Ramelows Vergangenheit berücksichtigen muss.
Ein Thema, das uns alle sehr interessierte, zumal aktuell im Lehrplan vorgesehen, war Lobbyismus. Hier bildete Herr Müller einen interessanten Kontrastpunkt zu dem, was wir im Unterricht in einem Film gesehen hatten. Entgegen der öffentlichen Meinung hält er Lobbyismus nicht per se für problematisch, vor allem, da inzwischen eine Karenzzeit eingeführt worden sei, Politiker also nicht gleich von der Politik in die Wirtschaft wechseln dürfen. So soll verhindert werden, dass sie noch in ihrem politischen Amt Entscheidungen treffen, die von Vorteil für ihren zukünftigen Arbeitgeber und nicht unbedingt vorteilhaft für die Bürger sind.
Ein weiteres Thema, von dem wir alle gehört und über das wir viele widersprüchliche Informationen erhalten hatten, war der Konflikt zwischen Israel und Palästina. Wer war eigentlich schuld an was und was kann man dagegen tun? Herr Müller erklärte uns verständlich und schlüssig, dass die Schuldfrage inzwischen fast unmöglich zu klären sei, weil es so viel Ungerechtigkeit auf beiden Seiten gegeben habe und dass es wohl unmöglich sein dürfte den Konflikt zu beenden, solange es auf beiden Seiten extremistische Randgruppen gebe, die ein Interesse daran hätten, dass er weitergeht. Dennoch sei es wichtig, darüber zu berichten, damit er nicht in Vergessenheit gerät.
Zu einem der anderen Konflikte, über die wir fast täglich in den Nachrichten hören, der Ukraine-Krise, hatte Herr Müller eine sehr viel deutlichere Meinung. Putin müsse ganz klar gesagt werden, dass es so nicht weitergehen könne. Dies werde nach Ansicht von Herrn Müller auch geschehen. Die Weigerung einiger Politiker, Putin die Hand zu schütteln, sei ein Indiz dafür.
Natürlich war auch der Vormarsch der IS in Syrien und im Irak Thema. Herr Müller war, wie die breite Öffentlichkeit, geschockt über die offen und provokant zur Schau gestellte Gewalt und über den Zulauf, den die IS auch aus Deutschland bekommt. Auf unsere Fragen hin erklärte er aber auch, dass er nicht glaube, dass es im Irak oder in Syrien eine Wiederholung des Afghanistankrieges geben werde. Sogar die USA hätten aus den Erfahrungen dort gelernt, dass solch aktives Eingreifen nicht zum Ziel führe.
Auch zu einem weiteren kontrovers diskutierten Thema, nämlich dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen EU und den USA, auch als TTIP bekannt, hatte er eine klare Meinung. Im Gegensatz zu vielen Bürgern glaubt er nicht, dass TTIP was Schlechtes sei, da jeder vom freien Handel profitiere und er sich deshalb nicht ohne guten Grund einschränken ließe. Außerdem führe die offene Debatte, die zurzeit geführt wird, sicherlich zu der besten Lösung. Wir fragten, ob es ihm nicht Sorge bereite, dass amerikanische Konzerne so lange klagen könnten, bis Fracking erlaubt werden würde, aber er war der Meinung, dass dies sehr unwahrscheinlich sei.
Außerdem wollten wir wissen, was er davon hält, dass es kaum eine Opposition im Bundestag gibt. Er hält dies für heikel, allerdings sei natürlich auch nur der Wählerwille durchgesetzt worden. Er ist aber sicher, dass die große Opposition ihre Macht nicht ausspielen werde und die Opposition durch viel Medienpräsenz, wie zum Beispiel Auftritte in Talkshows, auf sich aufmerksam machen könne.
Alles in allem waren es zwei sehr interessante und lehrreiche Schulstunden. Ein Journalist kann einem noch einmal ganz andere Einblicke geben als ein Lehrer – und Herr Müller schaffte es, uns alle interessiert und trotz der frühen Stunde wach zu halten.

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